
„Es ist an der Branche, die Chancen zu nutzen.“
insight: Herr Botschafter, weshalb wurde die AG ins Leben gerufen?
Welche Bilanz ziehen Sie aus den Arbeiten?
Die Branchenvertreter in der Arbeitsgruppe haben eine umfassende Liste von Ideen und Vorschlägen eingebracht, die anschliessend nach ihrer Wirksamkeit und Umsetzbarkeit beurteilt wurden. Aus diesem Fundus wurden die von der Branche als wirksam beurteilten Vorschläge in einer Agenda zusammengefasst. Die darin enthaltenen Vorschläge reichen von generellen, gesamtwirtschaftlich wirkenden Rahmenbedingungen und Massnahmen bis zu spezifischen Vorschlägen für Rechtsanpassungen im Finanzmarktbereich. Sie betreffen die Themenbereiche Regulierung und Aufsicht, Steuern, Marktzugang und Promotion, Arbeitsmarkt, Bildung sowie Vorsorge. Es hat sich gezeigt, dass ein Grossteil der Vorschläge in der Agenda bereits von der Finanzmarktpolitik des Bunderats abgedeckt und Bestandteil von laufenden Arbeiten ist. Dies bestätigt uns in der Auffassung, dass der Dialog zwischen Finanzbranche und Behörden zur Früherkennung gut funktioniert und die Anliegen des Privatsektors ernst genommen werden.
Welche konkreten Massnahmen sind von der AG bereits in Erarbeitung oder in Umsetzung?
Konkrete Anliegen, die bereits bearbeitet oder umgesetzt werden, betreffen die bekannten Kernanliegen der Branche im Steuerbereich, das heisst die Verrechnungssteuer und die Stempelabgaben, und den Marktzugang. Ebenso hat sich gezeigt, dass für die Branche weiterhin die Optimierung des Regulierungsprozesses und dabei die Berücksichtigung von Proportionalität und Prinzipienbasierung zentral sind. Diese Anliegen werden in den laufenden Regulierungsvorhaben berücksichtigt. Daneben hat die Branche auch neue Vorschläge eingebracht, beispielsweise in den Bereichen Digitalisierung, Sustainable Finance und kollektive Kapitalanlagen. Bei diesen Anliegen hat das Forum weitere Prüfungen durch die Branche oder die Bundesverwaltung vorgeschlagen, welche derzeit im Gang sind.
Wie beurteilen Sie die jüngsten Entwicklungen betreffend das Verhältnis zur EU?
Die EU ist nach wie vor der wichtigste Auslandsmarkt für Schweizer Finanzdienstleister, weshalb das Verhältnis zur EU auch für den Finanzsektor sehr bedeutend ist. Der Bundesrat hat bekanntlich vor kurzem Bilanz über den Stand dieser Beziehungen gezogen und seine Absicht bestätigt, den bilateralen Weg mit der EU zu modernisieren und auszubauen. Ebenso strebt die Schweiz eine zeitgerechte und unbefristete Börsenäquivalenz für den Zeitraum über 2018 hinaus an. So ist der Bundesrat der klaren Ansicht, dass die Schweiz alle Voraussetzungen für eine unbeschränkte Börsenäquivalenz erfüllt. Eine interessengeleitete Verständigung zu den verschiedenen offenen Fragen im Verhältnis zur EU ist auch im Interesse des Finanzplatzes.
Was ist notwendig, damit der Finanzplatz Schweiz auch in Zukunft einen bedeutenden Beitrag für unseren Wohlstand leisten kann?
Erstens ist es wichtig, dass gute Rahmenbedingungen im Inland nicht als gegeben betrachtet, sondern immer wieder überprüft und verbessert werden. Aus diesem Grund schätzen wir den regelmässigen und offenen Dialog mit dem Privatsektor. Zweitens müssen alle Akteure des Finanzplatzes am gleichen Strick ziehen und gemeinsam für pragmatische Lösungen einstehen. Grabenkämpfe innerhalb der Branche oder in der Politik bringen uns nicht weiter, sondern verstellen oftmals den Blick auf wichtige Herausforderungen. Und drittens ist es an der Branche, Möglichkeiten und Chancen – beispielsweise in der Digitalisierung oder beim Thema Nachhaltigkeit – zu erkennen und vorausschauend zu nutzen. Der Staat kann diese Bestrebungen unterstützen, aber nicht ersetzen.