
Zukunft der Regulierung
Die Politik hat das Problem inzwischen auch erkannt. Das Parlament hat am 15. Juni 2016 den Bundesrat beauftragt, einen Gesetzesvorschlag auszuarbeiten, der zu systematischen, wirkungsvollen Bedarfsanalysen und Regulierungsfolgenabschätzungen (RFA) führt und die Prüfung der RFA durch eine unabhängige Stelle vorsieht. Und der Bundesrat definiert in seinem Bericht zur Finanzmarktpolitik vom 20. Oktober 2016 die Optimierung der Regulierung als eine von fünf Stossrichtungen seiner zukünftigen Finanzmarktpolitik.
Mit dem „Konzept für eine gute Regierungspolitik“ präsentiert die Bankiervereinigung einen ausgearbeiteten Lösungsvorschlag für das Problem. Im Zentrum steht ein Controllingprozess durch eine unabhängige Prüfstelle, wie er sich in verschiedenen Ländern schon bewährt hat.
Standortwettbewerb: Gute Regulierung zentral
Die Schweiz befindet sich in einem scharfen globalen Standortwettbewerb. Das gilt besonders für den Finanzsektor. Die durch die Regulierung gesetzten Rahmenbedingungen bestimmen das Geschäftsklima für Anbieter und Kunden: Kostengünstige, zweck- und verhältnismässige Vorschriften ziehen Anbieter und Kunden an und führen so zur Schaffung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen in der Schweiz. Unsinnige, schwerfällige und teure Vorschriften hingegen senken die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und sind nachteilig für die Kunden.
Regulierungskosten bremsen die Schweiz
Bisher hatte die Schweiz zu Recht den Ruf einer wirtschaftsfreundlichen Regulierung. In den vergangenen Jahren zeigte sich aber eine beunruhigende Tendenz: die Regulierungsdichte nimmt stetig zu.
- Es gibt immer mehr Regulierungen.
- Die Regulierungen sind immer detaillierter.
- Und die Regulierungen werden immer häufiger geändert.
Gemäss Avenir Suisse betragen die Kosten der Regulierung in der Schweiz je nach Schätzung bis zu 10% des Bruttoinlandprodukts.
Die internationale Wettbewerbsfähigkeit leidet nachweislich schon heute darunter. Im "Ease of Doing Business"-Index der Weltbank stieg die Schweiz von Platz 11 (2005) auf Platz 31 (2017) ab.
Bisherige Gegenmittel wirken nicht
Die Problematik ist schon länger bekannt und eigentlich existieren auch Gegenmittel: Bedarfsanalysen, Regulierungsfolgen-Abschätzungen (RFA), Ex-post-Evaluationen. Diese wirken bisher aber nur sehr beschränkt, aus folgenden Gründen:
Anwendung der Prüf- und Regulierungsinstrumente ist nicht verbindlich geregelt
Ob und wie Ex-ante-Prüfungen (Bedarfsanalysen, RFA) oder Ex-post-Wirkungsanalysen angewendet werden, liegt im Ermessen der für die Regulierung zuständigen Fachbehörde. Wenn sie durchgeführt werden, dann vielfach spät und ohne gestaltende Verknüpfung mit dem Prozess des Regulierungserlasses.
Verwendung der Prüfergebnisse ist nicht verbindlich geregelt
Ob und wie Ergebnisse aus den Ex-ante- und Ex-post-Prüfungen angewendet werden, liegt im Ermessen der zuständigen Fachbehörden, des Bundesrats oder des Parlaments. Ex-ante-Prüfergebnisse werden oft als Rechtfertigungsinstrument verwendet und dienen kaum der Optimierung der zu erlassenden Regulierung.
Keine institutionalisierten Mechanismen zur Kontrolle der Regulierungsprüfungen
Ob und wie Evaluationen geprüft werden, ist nicht normiert und wird situativ unterschiedlich gehandhabt. Zudem sind die prüfenden Stellen nicht in jedem Fall ausreichend dotiert.
Die Schweiz muss jetzt handeln
Wenn die Schweiz im globalen Standortwettbewerb nicht unweigerlich zurückfallen will, muss das Problem der steigenden Regulierungskosten angegangen werden. Dabei geht es keinesfalls darum, zu deregulieren. Regulierung ist nötig, das hat nicht zuletzt die Finanzkrise gezeigt. Wichtiger und zielführender ist es, einen klugen Regulierungs-Prozess einzuführen, der dafür sorgt, dass die Regulierung in der Schweiz nachhaltig gut wird.
Die Politik hat diesen Handlungsbedarf ebenfalls erkannt. Verschiedene Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben Vorstösse eingereicht, die das Thema aufgreifen (siehe Kasten „Politische Vorstösse“).
Mit dem „Konzept für eine gute Regulierungspolitik“ steuern wir zu dieser Diskussion einen fertig ausgearbeiteten Lösungsvorschlag bei. Dieser zeigt Lösungswege auf, die über alle Regulierungsstufen hinweg wirken.
Konzept für eine gute Regulierungspolitik
Das Konzept (Schlussbericht, Policy Paper, Präsentation) erfindet das Rad nicht neu. Es baut auf dem bestehenden Gesetzgebungsprozess des Bundes auf und integriert die schon vorhandenen Instrumente. Neu ist das Element eines laufenden Controllings. Dieses ist nicht nur in der Wirtschaft üblich und erprobt, sondern orientiert sich auch an bewährten ausländischen Modellen der Regulierungsprüfung. Auch neu ist der systematische Einbezug der Betroffenen.
Gute Regulierung im Sinne dieses Konzeptes ist:
- zweckmässig
- in der beabsichtigten Weise wirksam
- verhältnismässig
- kostengünstig
Das Konzept für eine gute Regulierungspolitik besteht aus vier Hauptelementen:
Ein integriertes Regulierungscontrolling bei den Fachbehörden
Dieses umfasst den konsequenten Einsatz bereits bestehender prospektiver und retrospektiver Instrumente der Regulierungspolitik (Zweckmässigkeitsprüfung, Regulierungsfolgenabschätzung, ex-post-Evaluation) und die Erstellung eines „Preisschilds“ der direkten Regulierungskosten durch die regulierenden Fachämter.
Eine unabhängige Regulierungsprüfstelle
Diese überwacht, dass die Prüfinstrumente durch die jeweils zuständigen Fachbehörden systematisch und richtig angewendet werden und deren Resultate verbindlichen Einfluss auf den Regulierungserlass haben.
Systematischer Einbezug der Betroffenen
Der Privatsektor und weitere interessierte Kreise sind über den ganzen Regulierungsprozess hinweg einzubeziehen. Dadurch fliessen Wissen und Erfahrung aus der Praxis in die Regulierung ein. Zudem erhöht dies die Transparenz des Prozesses und die Akzeptanz des Ergebnisses.
Eine gesetzliche Grundlage
Für eine einheitliche und systematische Anwendung der Prüfinstrumente und für einen normierten Umgang mit den Prüfergebnissen.