
Ausgefragt: "Indiskrete" Fragen bei der Kontoeröffnung
Im März 2017 wurde unter anderem PostFinance vom Konsumentenmagazin Saldo kritisiert, den Kunden bei Kontoeröffnung zu viele und zu persönliche Fragen zu stellen. Es gebe keine Vorschriften für solch eine detaillierte Fragerei, so das Magazin. Grundsätzlich gilt: In der Schweiz tätige Banken müssen sich bei der Eröffnung von Geschäftsbeziehungen an sämtliche gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben halten und ihre Sorgfaltspflichten erfüllen. Diese erwachsen ihnen insbesondere aus den Vorschriften des Geldwäschereigesetzes (GwG), der Geldwäschereiverordnung der FINMA sowie der Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken (VSB).
Banken müssen sich an sämtliche gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben halten.
Gemäss dem GwG haben Banken bei der Neueröffnung einer Geschäftsbeziehung folgende Pflichten:
- Art. 3: Identifizierung der Vertragspartei;
- Art. 4: Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person;
- Art. 6: Besondere Sorgfaltspflichten: Der Finanzintermediär ist verpflichtet, Art und Zweck der von der Vertragspartei gewünschten Geschäftsbeziehung zu identifizieren.
Wo sind die Grenzen?
Informationen dienen der Pflichterfüllung
Art. 6 GwG verpflichtet die Bank zudem, ungewöhnliche Geschäftsbeziehungen beziehungsweise Transaktionen zu erkennen, wofür wiederum die Risikobeurteilung eines jeden Kunden nötig ist. Bei einer Universal- oder Retailbank erfolgt der Kontoeröffnungsprozess dem Kundenbedürfnis entsprechend rasch, standardisiert und an unterschiedlichen Standorten. "Damit eine Bank das erforderliche Risikoprofil anlegen und die Geschäftsbeziehung einer Risikokategorie zuordnen kann, sind Informationen zum gesellschaftlichen Umfeld und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Vertragspartners unerlässlich", stellt Martin Steinmann klar. Minimale Angaben zu Beruf, Arbeitgeber, Einkommensverhältnissen oder dem zu erwartenden Jahresumsatz bei Geschäftskunden ermöglichen neben der Risikoeinteilung des Kunden, eine (zukünftige) Transaktion entsprechend dem Kundenprofil einzuordnen. So sei es möglich zu beurteilen, ob diese Transaktion zu den übrigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen passt oder ob hier eine ungewöhnliche Transaktion vorliegt, die weiterer Abklärungen bedarf.
Informationen zum gesellschaftlichen Umfeld und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Vertragspartners sind unerlässlich.
Im Falle von PostFinance ist ergänzend auf den Grundversorgungsauftrag hinzuweisen. "Dieser verpflichtet uns grundsätzlich, allen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz ein Konto zu eröffnen", erklärt Steinmann. Der Grundversorgungsauftrag stehe aber nicht über den erwähnten gesetzlichen Normen und entbinde PostFinance somit nicht von ihren Sorgfaltspflichten. "Wenn ein Kunde nicht bereit ist, uns die erforderlichen Informationen zu erteilen, ist die Eröffnung der Geschäftsbeziehung trotz Grundversorgungsauftrag nicht zulässig, da in diesem Fall die Vorgaben von Art. 6 GwG nicht erfüllt werden können."
Die Banken müssen transparent kommunizieren und den Kunden erklären, weshalb diese Angaben benötigt werden.
In Anbetracht der Sorgfaltspflichten der Geldwäschereiprävention ist der Umfang der geforderten Angaben daher in den allermeisten Fällen notwendig und angemessen. "Es ist aber verständlich, dass ein Bankkunde das Einholen solcher Informationen als indiskret empfinden kann. Die Banken müssen hier transparent kommunizieren und den Kunden erklären, weshalb diese Angaben benötigt werden. Selbstverständlich sind diese Angaben, wie andere Kundendaten auch, durch das Bankgeheimnis geschützt", versichert Steinmann.