„Verlierer eines Vollgeld-Experiments wären die Kunden“Martin Scholl, Chef der Zürcher Kantonalbank ZKB, beschreibt im Interview mit insight, welche Folgen eine Annahme der Vollgeld-Initiative für sein Institut sowie die Kundinnen und Kunden hätte.https://www.swissbanking.org/de/services/insight/insight-1.18/verlierer-eines-vollgeld-experiments-waeren-die-kundenhttps://www.swissbanking.org/de/services/insight/insight-1.18/verlierer-eines-vollgeld-experiments-waeren-die-kunden/@@download/image/Vollgeld.jpg
„Verlierer eines Vollgeld-Experiments wären die Kunden“
Focus
Martin Scholl, Chef der Zürcher Kantonalbank ZKB, beschreibt im Interview mit insight, welche Folgen eine Annahme der Vollgeld-Initiative für sein Institut sowie die Kundinnen und Kunden hätte.
Martin Scholl ist seit 2007 Vorsitzender der Generaldirektion der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Die ZKB ist im Geschäft mit Hypotheken und Firmenkrediten eine der wichtigsten Banken der Schweiz, sie gilt als systemrelevantes Institut. Die Auswirkungen eines Vollgeld-Systems bekämen die ZKB und ihre Kunden unmittelbar zu spüren. Das Schweizer Stimmvolk stimmt am 10. Juni 2018 über die Initiative ab.
Martin Scholl, Vorsitzender der Generaldirektion, ZKB
insight: Martin Scholl, haben Ihre Kundenberater viele Anfragen von Kunden, worum es bei der Vollgeld-Initiative geht?
Martin Scholl: Je näher die Abstimmung kommt, desto mehr Kundinnen und Kunden interessieren sich für das Thema, und natürlich fragen sie auch ihre Bank, was von der Vorlage zu halten ist. Unsere Kundenberater sind über das Thema informiert, so dass sie Auskunft geben können. Wir sprechen bewusst auch die Mitarbeitenden ohne Kundenkontakt an, denn auch sie werden im Bekannten- und Freundeskreis auf die Initiative angesprochen.
Welche Gefahren sehen Sie insbesondere für Ihre Kunden?
Die Vollgeld-Initianten argumentieren zwar gegen die Banken, doch schlussendlich würde eine Annahme der Initiative vor allem die Kunden treffen – alle Sparer, Hypothekarkunden und Kreditnehmer. In einem Vollgeld-System würde die Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte teurer, bürokratischer und langwieriger. Kredite dürften nicht mehr durch Sichteinlagen finanziert werden. Das engt den Spielraum der Banken für die Kreditvergabe ein und verteuert die Kredite.
Welche Folgen hätte es für Ihr Geschäftsmodell, wenn die Schweizer Wirtschaft sich auf ein Vollgeld-System umstellen müsste?
Ich bin überzeugt: Die Umstellung auf Vollgeld würde zu teureren Bankdienstleistungen und schlussendlich auch zu Arbeitsplatzabbau führen. Das Kreditgeschäft würde sich stark auf Risikobeurteilung und Abwicklung verengen. Als die Bank der Zürcherinnen und Zürcher, die eng mit dem Leben im Kanton verknüpft ist, bekäme die lokale Wirtschaft eine Änderung des Geschäftsmodells stark zu spüren.
Die Initianten behaupten, Vollgeld würde vor allem die international ausgerichteten Grossbanken betreffen und weniger die Inlandbanken. Sie leiten eine regional systemrelevanten Bank. Was ist dran an der Behauptung der Initiative?
Ein Vollgeld-System würde alle Banken treffen, gerade auch kleinere und mittlere Banken, da das Zinsgeschäft für sie besonders wichtig ist. Sie wären in diesem Kerngeschäft stark eingeschränkt. Eine Refinanzierung auf den Geldmärkten ist für diese Banken schwierig. Gefährdet wäre damit die Vielfalt des schweizerischen Finanzplatzes, zu der die Regional- und Kantonalbanken gehören.
Wie beurteilen Sie die Zielsetzung der Initianten, mit einem Wechsel aufs Vollgeld-System zur Finanzplatzstabilität beizutragen?
Der Wechsel auf ein Vollgeld-System ist der falsche Weg. Das Stabilitätsziel kann durch wirksamere Mittel erreicht werden: Mit den getroffenen Massnahmen zur Verbesserung der Liquidität und der Eigenmittelunterlegung der Banken wurde im Nachgang zur Finanzkrise ein Grossteil der Ziele bereits erreicht. Damit haben Banken genügend hohe Puffer, falls sie in Schwierigkeiten geraten. Kundengelder auf Bankkonten sind zudem zusätzlich durch die Regelungen zum Einlegerschutz geschützt. Schliesslich werden Banken im Hinblick auf Risiken durch die FINMA beaufsichtigt.
Wie bewerten Sie persönlich die Vollgeld-Initiative?
Das heutige Geldsystem funktioniert bestens, es gibt keinen Grund dieses zu ändern. Verlierer eines solchen Experiments wären unsere Kundinnen und Kunden, unsere Mitarbeitenden und natürlich auch unser Eigentümer, der Kanton Zürich.