Zahlungssysteme im Wandel
Vier-Parteien-Modell
Im gängigen Kartensystem (z.B. MasterCard, Maestro, Visa) sind vier Parteien sowie ein internationaler Betreiber des Zahlungssystems (Scheme) involviert. Die Kunden (Karteninhaber) schliessen mit Kartenherausgebern (Issuern) einen Zahlkartenvertrag ab. Im Gegenzug stellen die Kartenherausgeber den Kunden eine persönliche Kredit- oder Debitkarte aus, welche sie bei Händlern (Merchants) als Zahlungsinstrument einsetzen können. Die Händler schliessen mit einem Acquirer einen Akzeptanzvertrag ab, in welchem sie sich zur Annahme der entsprechenden Karte als Zahlungsinstrument verpflichten. Der Acquirer schliesst sich wiederum bei einem Scheme (z.B. MasterCard, Visa) an, welches jeweils mit den Acquirern und den Issuern Lizenzverträge abschliesst, um die Interoperabilität sicherzustellen und Transaktionen vom Acquirer an den zuständigen Issuer zu routen.
Staged Wallet
Die Vertragsbeziehungen zwischen Kunde, Issuer, Scheme und Acquirer entsprechen jenen des klassischen Vier-Parteien-Modells. Zusätzlich wird eine Kredit- oder Debitkarte in einem sogenannten Staged Wallet hinterlegt. Der Kunde geht mit dem Walletanbieter eine weitere Vertragsbeziehung für ein Zahlungsinstrument ein. Der Walletanbieter wiederum hat je einen Akzeptanzvertrag mit dem Händler und dem Acquirer abgeschlossen und befindet sich somit technologisch als auch vertraglich zwischen dem Acquirer und dem Händler auf der einen und dem Karteninhaber mit dessen Issuer auf der anderen Seite. Tätigt der Kunde nun einen Kauf, erfolgt die Zahlung mit dem Wallet, welches als Zahlungsinstrument gilt. Im Hintergrund belastet das Wallet die hinterlegte Karte, gemäss dem klassischen Vier-Parteien-Modell. Im Falle eines Staged Wallets werden somit zwei Zahlungsinstrumente gekoppelt.
(Eine grafische Darstellung dieses und weiterer Modelle findet sich in: CORNELIA STENGEL/THOMAS WEBER, Digitale und mobile Zahlungssysteme – Technologie, Verträge und Regulation von Kreditkarten, Wallets und E-Geld, Schulthess, Zürich 2016 [ISBN 978-3-7255-7558-9].)
Pass-through Wallet
Apple Pay nutzt das sogenannte Pass-through Wallet. Auf dem iPhone oder der Apple Watch ersetzt ein virtueller Container die klassische Brieftasche. In dieser werden sogenannte Token (durch den Issuer abgewandelte Kartendaten) abgespeichert. Der Zahlvorgang passiert ähnlich wie beim kontaktlosen Zahlen mittels einer physischen Zahlkarte, mit dem Unterschied, dass der Chip in das Smartphone verbaut ist. Da aufgrund des Tokens nicht die originalen Kartendaten auf dem Chip gespeichert sind, wird das Risiko eines Datendiebstahls verringert.
Das Pass-through Wallet unterscheidet sich vom Staged Wallet dadurch, dass das Wallet kein eigenes Zahlungsinstrument ist, sondern nur ein digitaler Aufbewahrungsort für Zahlungsinstrumente von Issuern darstellt. Der Walletanbieter selbst hat keine eigenen Akzeptanzverträge mit Händlern oder Acquirern. Der Kunde kann mit einem Pass-through Wallet in all jenen Geschäften bezahlen, welche einen Akzeptanzvertrag für die im Wallet hinterlegten Zahlungsinstrumente abgeschlossen haben. Die Transaktion erfolgt analog dem klassischen Vier-Parteien-Modell, wobei der Kunde aber seine Zahlkarte nicht hervornehmen muss.
(Eine grafische Darstellung dieses und weiterer Modelle findet sich in: CORNELIA STENGEL/THOMAS WEBER, Digitale und mobile Zahlungssysteme – Technologie, Verträge und Regulation von Kreditkarten, Wallets und E-Geld, Schulthess, Zürich 2016 [ISBN 978-3-7255-7558-9].)